Psychoanalytisches Institut Heidelberg

Infos für Patient*innen

Was ist eine psychoanalytische Behandlung?

Eine psychoanalytische Behandlung zeichnet sich dadurch aus, dass das therapeutische Geschehen auf der Wissenschaft der Psychoanalyse beruht und sich aus ihr heraus begründet.

Es gibt unterschiedliche Formen der analytischen Behandlung. In der klassischen psychoanalytischen Behandlung kommen die Patient*innen mehrmals in der Woche zu festgelegten Terminen. Sie haben die Möglichkeit, sich auf die Couch zu legen und auf diese Weise mit dem oder der hinter ihnen sitzenden Psychoanalytiker*in zu sprechen. Dies hat den Vorteil, sich seinen Gedanken, Empfindungen und Einfällen freier und unabhängig von Gesprächskonventionen überlassen zu können.

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Eine analytische Behandlung in der klassischen Form ist dann angezeigt (indiziert), wenn sich eine seelische Problematik nicht auf eine bestimmte Krise, einen bestimmten Konflikt und/oder ein bestimmtes Symptom eingrenzen lässt. Das Leiden ist umfassender; es geht in seiner Entwicklung schon auf die Kindheit zurück. Obwohl dies bei vielen seelischen Erkrankungen (Ängsten, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen) zutrifft, würden wir nicht in allen diesen Fällen eine klassische analytische Behandlung empfehlen.

Es kommt neben weiteren Erwägungen auch darauf an, ob man selbst spürt, dass es sich lohnt „an sich zu arbeiten“, d.h. die eigenen Vorstellungen, Gefühle, Fantasien, Gedanken, Träume, Verhaltensweisen und Erfahrungen möglichst ungeschminkt zur Sprache und ins Gespräch zu bringen.

Dies geschieht meistens gegen innere Widerstände. Denn während Patient*innen in der Regel bewusst spüren, wie dringend sie von Leid befreit werden möchten, wird doch meist erst im Prozess der Behandlung erfahrbar, welche Schwierigkeiten und Belastungen mit seelischen Veränderungen einher gehen. Diese Schwierigkeiten können nur in einer vertrauensvollen Beziehung wahrgenommen werden. Eine solche Beziehung bietet der/die Analytiker*in an und ist gleichzeitig gefasst darauf, die Anfechtungen, Zweifel und Hemmnisse kennen zu lernen, die jeden analytischen Prozess begleiten.

„Wir sprechen von ,Arbeit‘ und meinen damit die Anstrengung für beide Beteiligte, sich in einer produktiven Weise mit sich selbst zu befassen.“

Das ist nicht einfach, daher sprechen wir in diesem Zusammenhang von „Arbeit“ und von „bearbeiten“ und „durcharbeiten“. Wir meinen damit die Anstrengung für beide Beteiligte, sich in einer produktiven Weise mit sich selbst zu befassen. Produktiv ist die Arbeit, wenn dadurch psychisches Leiden gemildert werden und das psychische Gleichgewicht auf einer festeren Grundlage wieder hergestellt werden kann. Diese Arbeit erfordert Zeit, Mut, Vertrauen und Geduld, denn Entwicklungen, die über viele Jahre zustande gekommen und bereits seit vielen Jahren andauern (chronifiziert) sind, können nur schrittweise verändert werden.

Die Arbeit des/der Analytiker*in erfordert selbstkritisches Nachdenken, ständige kollegiale Weiterbildung und die Bereitschaft, immer wieder zu lernen. Psychoanalyse stellt hohe Anforderungen an Wissen, Erfahrung und persönliche Integrität der Therapeut*innen.
Die therapeutische Beziehung ist eine menschliche Beziehung. Sie ist persönlich, aber keinesfalls ist sie wie eine private Beziehung, in der beide sich in gleicher Weise einbringen.

Analytiker*innen verhalten sich neutral und abstinent (erzählen nicht von sich, benutzen die Patient*innen nicht für eigene Interessen). Der/die Patient*in braucht sich nicht um den anderen zu kümmern. Die Stunde gehört dem Patienten oder der Patientin. Dies ist eine einzigartige Chance für Menschen, die sich von tief greifendem und lange bestehendem seelischem Leid befreien wollen.

„Eine analytische Behandlungen bringt nachhaltige Veränderungen mit sich.“

In aller Regel bringen analytische Behandlungen nachhaltige, das weitere Leben über währende und auf viele Lebensbereiche ausstrahlende Veränderungen mit sich. Oft profitieren auch Kinder, Ehepartner*innen, Freund*innen und Berufskolleg*innen. Das hängt damit zusammen, dass der Weg, der in der Psychoanalyse beschritten wird, der Weg der vorurteilslosen, vertrauensvollen Beschäftigung mit sich selbst, ein unumkehrbarer Entwicklungsprozess ist.

Was bieten Psychoanalytiker*innen außerdem an?

Psychoanalytiker*innen bieten in der Regel auch andere Formen der psychoanalytischen Behandlung an. Diese unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der voraussichtlichen Gesamtdauer, der Frequenz (Anzahl der wöchentlichen Sitzungen) und hinsichtlich des Settings, also der Frage, ob man sich gegenüber sitzt oder ob die Couch genutzt wird.

In den jeder Behandlung vorausgehenden Erstgesprächen lernen sich Therapiesuchende und Psychoanalytiker*innen kennen und verabreden, in welcher Weise die Behandlung durchgeführt werden soll. Dabei sind sowohl die fachliche Einschätzung der Psychoanalytiker*innen über die Ziele und die Prognose der Behandlung als auch die Wünsche und Möglichkeiten der Patient*innen maßgebend.
Eine besondere Rolle spielt bei diesen Entscheidungen, wie umschrieben die Konflikte der Patient*innen und die Ziele der Behandlung sind.

Wer trägt die Kosten für eine Behandlung?

Die Kosten für psychoanalytische Behandlungen werden von den Kassen übernommen, soweit eine seelische Erkrankung vorliegt. Der/die Psychoanalytiker*in stellt zusammen mit dem/der Patient*in einen Antrag bei der Krankenkasse. Vereinbaren beide eine Langzeittherapie, so wird ein Gutachter eingeschaltet, der prüft, ob die Behandlung wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Bei Kurzzeittherapien kann dies häufig entfallen, und es obliegt der Krankenkasse, den Antrag zu bescheiden.
Es gibt auch Menschen, die sich vorwiegend aus einem Wunsch nach Selbsterfahrung in Analyse begeben wollen. In diesen Fällen wird die Krankenkasse nicht eingeschaltet.

Was sind die Voraussetzungen für eine Analyse?

Psychoanalyse ist kein Geheimwissen. Man kann eine sehr erfolgreiche und befriedigende psychoanalytische Behandlung erfahren, ohne je in ein psychoanalytisches Fachbuch geschaut zu haben.

Es kommt darauf an, etwas von der Art des vorurteilslosen und freien, aber ernsthaften analytischen Denkens anzunehmen und für sich zu nutzen, auch jenseits der Sitzungen und über die Zeit hinaus, in der man in Analyse ist. Dieses Denken besteht im Kern darin, sich selbst und anderen mit einer größeren Offenheit und mehr Verständnis zu begegnen als dies im Alltag üblich ist und als man es im bisherigen Leben gewohnt war. Die Art des analytischen Denkens vermittelt sich jedem Menschen, der motiviert ist, sich selbst besser kennen zu lernen und an sich im Sinne einer Selbstfindung zu arbeiten.

Je mehr die Selbstfindung voranschreitet, desto nachdrücklicher reduzieren sich psychische und psychosomatische Krankheitssymptome, die von der Psychoanalyse prinzipiell als Selbstentfremdungen aufgefasst werden.

Weiterführende Literatur

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  • Dunja Voos: Psychoanalyse tut gut. Ein Ratgeber für Hilfesuchende. Psychosozial Verlag 2011
  • Sieglinde Eva Tömmel: Wer hat Angst vor Sigmund Freud? Brandes & Apsel Verlag 2006
  • Heinz Henseler, Peter Wegner (Hg.): Psychoanalysen, die ihre Zeit brauchen: zwölf klinische Darstellungen. Brandes & Apsel Verlag 2013